Multisensorale Landnutzungsklassifikation
Im Rahmen des Projekts wurden zahlreiche Landnutzungsklassifikationsläufe mit unterschiedlichen Eingangsdaten durchgeführt:
Zu Projektbeginn wurde dafür ein einheitliches Schema von Landnutzungsklassen erstellt, das im Verlauf des Projekts jedoch ständig den wachsenden Erkenntnissen angepaßt wurde. Die verwendeten Klassen zeigt folgende Tabelle.
Es wurden also 36 Landnutzungsklassen ausgewiesen, wovon neun im engeren Sinne die Siedlungsbebauung beschreiben. Die Klassen der verschiedenen Ackertypen wurden lediglich nach ihrem spektralen Reflexions- und Emissionsverhalten differenziert und nicht anhand der Nutzungsart oder der Phänologie, was für die zu betrachtende Fragestellungen von geringer Bedeutung war.
In einem ersten Schritt wurde eine Landnutzungsklassifikation erarbeitet, die einzig auf LANDSAT-TM basierte. Diese stellte die Datengrundlage für die weiteren Untersuchungen innerhalb des Projekts dar, die in folgender Abbildung im mittleren Ast dargestellt ist. Die Vorgehensweise bei der Erstellung dieser Klassifikation erfolgte in klassischer Weise, d.h. es wurden in dieser Phase noch keinerlei Informationen aus ERS-1-Datenebenen eingebracht. Nachfolgend ist ein Ablaufschema dargestellt, aus dem die wichtigsten Schritte zur Erstellung der Klassifikation hervorgehen. Zur besseren Übersichtlichkeit sind darin nur die wichtigsten Beziehungen dargestellt.
Zur Klassifikation wurde ein Maximum-Likelihood-Klassifikator verwendet. Die Erstellung der erforderlichen Trainingsgebiete erfolgte in einem ersten Schritt lediglich auf der Basis der sieben Satellitenbildkanäle des LANDSAT-TM, der topographischen Karte und von Luftbildern von Basel-Stadt.
Es wurden zahlreiche Klassifikationsläufe durchgeführt, um dann anhand der Validierung der Ergebnisse und intensiven Feldbegehungen das Ergebnis zu optimieren und gezielt Trainigsgebiete verbessern zu können. In der letzten Phase der Klassifikationsläufe wurden die durch den Klassifikator behandelten Trainingsgebiete auf ihre Güte überprüft und falsch klassifizierte Pixel gezielt aus den Gebieten eliminiert. Mit diesen wiederholten Optimierungsschritten wurde eine Endversion erstellt und die Arbeiten an der ausschließlich auf LANDSAT-TM-Daten basierenden Klassifikation beendet.
Diese Landnutzungsklassifikation bildete die Grundlage für die rein ERS-1-gestützten und für die multisensoralen Klassifikationen, d.h. insbesondere der erstellte Satz von Trainingsgebieten für die einzelnen Klassen wurde auch in den anderen Klassifikationen verwendet.
Es wurden vor allem zwei Ansätze für die Landnutzungsklassifikation mit reinen ERS-1-Daten verfolgt:
Ziel dieser Verfahren war es, durch Kombination von Datenebenen, die aus LANDSAT-TM-Daten gewonnen wurden, und solchen, die aus ERS-1-Daten abgeleitet wurden, eine Landnutzungsklassifikation zu erhalten, die die auf LANDSAT-TM basierende Klassifikationsqualitativ übertrifft.
Theoretisch sind dafür zwei Ansätze denkbar:
Aus Zeitgründen wurde der zweite Ansatz nicht verfolgt.
Es wurde ein Satz von Maximum-Likelihood-Klassifikationen erzeugt, deren Eingabedaten jeweils aus einer Anzahl TM- und ERS-basierter Datenschichten bestand (Abbildung). Die Trainingsgebiete wurden wieder aus der TM-Klassifikation übernommen. Folgende Klassifikationen wurden gerechnet:
Anhand der Klassifikationsergebnisse wurden die Klassen bestimmt, die in der reinen TM-Klassifikation besser klassifiziert wurden und die, die im multitemporalen Ansatz besser klassifiziert wurden (siehe Kapitel 3.1). Damit wurde synthetisch eine neue Klassifikation erzeugt, indem die Klassen der jeweils besseren Variante (TM bzw. TM plus ERS-1) in ein Bild zusammengespielt wurden. Von den oben genannten Varianten der multisensoralen Klassifikationen erwiesen sich dafür die zweite (TM plus erste Hauptkomponente) und die vierte (TM plus Erwartungswertbild plus Residuenbild) als die geeignetsten Varianten.
Um zu Beginn der Untersuchungen einen Eindruck von den funktionalen Zusammenhängen zwischen den TM-Kanälen und dem ERS-SAR-Signal zu gewinnen, wurde eine multiple Regressionsanalyse durchgeführt. Dabei wurde die ERS-1-Szene vom 22.05.1992 als zu erklärende Variable genommen, die unabhängigen Variablen bildeten die sieben TM-Kanäle.
Außerdem wurde eine Hauptkomponententransformation gerechnet. Als Input dienten die sieben TM-Kanäle und die ERS-1-Szene vom 22.5.1992. Die ersten beiden Hauptkomponenten wurden in einer RGB-Darstellung mit einer ERS-1-Szene überlagert. Das Ergebnis wurde visuell interpretiert.
Eine der Hauptfragen bei der Untersuchung funktionaler Zusammenhänge war, ob Rauhigkeitsparameter aus dem ERS-Bild oder aus abgeleiteten Ebenen direkt ermittelt werden können, so daß hieraus direkt computergenerierte Karten der aerodynamischen Rauhigkeit produzierbar wären. Als Datengrundlage für Rauhigkeitsparameter diente die bereits in Kapitel Methodische Grundlagen vorgestellte Attributdatenbank. Sie ist in folgender Tabelle wiedergegeben.
Als einfacher Ansatz für eine Karte der Rauhigkeitslängen (z0) bzw. Nullpunktverschiebung (d) wurden in der multisensoralen Landnutzungsklassifikation alle Pixel der einzelnen Klassen nach Maßgabe der Datenbank mit den entsprechenden Werten attributiert. Verwendet wurde die Klassifikation, bei der die Klassen aus TM einerseits und der Klassifikation mit TM-Daten sowie Erwartungswertbild und Residuumbild aus ERS-1 erhalten wurden.
Im weiteren wurden die so erhaltenen Rauhigkeitskarten in multiple Regressionsrechnungen mit verschiedenen ERS-Datenebenen einbezogen, indem jeweils untersucht wurde, wie gut die attributierten Rauhigkeitsparameter durch eine oder mehrere ERS-Schichten erklärt werden können. Eine Korrelationsrechnung zwischen der räumlichen Verteilung der Rauhigkeitslängen und der Nullpunktverschiebung ergab, daß beide Parameter erwartungsgemäß hoch korreliert sind. Im weiteren wurde deshalb die Untersuchung auf z0 beschränkt.
Zuerst wurden die Datenebenen ungefiltert verwendet. Aufgrund der zunächst noch unbefriedigenden Ergebnisse wurden die Bilder vor der Regressionsrechnung einer Mittelwertfilterung in einer 5x5-Umgebung unterzogen. Es erfolgten auch Versuche mit den entsprechenden 7x7-Filtern, um Einflüsse der Filtergröße abschätzen zu können.
Aus der ersten Hauptkomponente wurden visuell typische Grauwerte für Waldgebiete, für Landnutzungen mit sehr kleinen Rauhigkeitslängen (Fließgewässer, Straßen etc.), für städtische Siedlungsbereiche und für sogenannte Corner-Reflektoren ermittelt. Damit waren vier Stützstellen bestimmt, mit denen ein Polynom dritten Grades berechnet wurde. Das Polynom hatte als Funktionswerte an den Stützstellen gerade die aus obiger Tabelle bekannten Rauhigkeitslängen der zugehörigen Landnutzungsklassen. Das Polynom wurde auf die erste Hauptkomponente angewandt und der resultierende Datensatz in die Regressionsrechnungen einbezogen.
Durch die aus der Seitensicht des SAR-Bildes resultierenden Eigenschaften des Radarbildes erscheinen darin Hänge, die dem Satelliten beim Überflug zugewandt waren, verschieden im Vergleich zu den Gegenhängen.Deshalb wurden in einem weiteren Schritt alle die Gebiete aus den Bildern ausgeblendet, die eine Hangneigung größer als 5 Grad aufweisen.
Mit statistischen Analysen und Validierungsverfahren konnten "kritische Klassen" gefunden werden, die bei den Regressionsrechnungen mit den verwendeten Datenebenen unzureichend abgebildet wurden. Diese Klassen sind:
Diese Klassen wurden bei den weiteren Untersuchungen jeweils vor der Regression ausmaskiert.
Innerhalb der Pilotstudie ERSCliP wurden verschiedene stadtklimarelevante Datenebenen aus Satellitendaten generiert. Dies erfolgte bereits bei der Einstrahlungskorretur der LANDSAT-TM-Daten. Das Strahlungsmodell liefert direkt einen digitalen Datensatz der kurzwelligen solaren Einstrahlung unter Berücksichtigung von geographischer Breite, Jahreszeit, Höhenlage sowie Exposition und Hangneigung.
Auf die Ableitung der Verteilungen der Rauhigkeitsparameter z0 und d wurde im vorigen Abschnitt schon eingehend eingegangen. Aus dem strahlungskorrigierten Satellitenbild des LANDSAT-TM lassen sich für die einzelnen Landnutzungsklassen Albedowerte für die unterschiedlichen kurzwelligen Spektralbereiche des LANDSAT-TM gewinnen. Die Albedo beschreibt das Reflexionsverhalten einer Oberfläche bezüglich der solaren Einstrahlung und schwankt zwischen 0 und 100 %. Schließlich läßt sich aus dem Thermalinfrarotkanal des Landsat-TM-Sensors ein Datensatz der langwelligen Strahlungsemissionsverteilung berechnen. Hierfür müssen die Pixelwerte des Kanal 6 von Landsat-TM kalibriert werden.
Schließlic wird die Landnutzungsklassifikation als Inputdatensatz in einem Bioklimamodell verwendet, um die räumliche Verteilung der sommerlichen Schwülebelastung zu modellieren. Auf die methodischen Aspekte zur Berechnung von Albedo, langwelliger Emission und des bioklimatischen Parameters der sommerlichen Schwülebelastung wird im folgenden Kapitel eingegangen.